Partner
Services
Statistiken
Wir
Kanaan: Earthbound (Review)
Artist: | Kanaan |
|
Album: | Earthbound |
|
Medium: | CD/LP/Download | |
Stil: | Instrumental Stoner, Psychedelic Jazz-Rock |
|
Label: | Jansen Records (No)/Soulfood | |
Spieldauer: | 46:00 | |
Erschienen: | 12.11.2021 | |
Website: | [Link] |
Das verträumte Interlude führt erstmal auf die falsche Fährte. Denn zu diesem sphärischen Sound erwartet man Sternenguckermusik für Tagträumer. Stattdessen präsentieren KANAAN auf „Earthbound“ durchaus fett groovenden Stoner Rock, angereichert mit Einflüssen aus Jazz und Psychedelic.
Breitbeinig und selbstbewusst startet die erste vollwertige Nummer „Return to the Tundrasphere“. Das klingt irgendwie brachial, aber doch sehr warm und voll. Stoner eben. Die mitunter abgefahrenen Gitarreneinlagen malen verschiedenste Bilder, überhaupt hat das Material insgesamt etwas Surreales an sich. Vom einen auf den anderen Moment wechseln brachiale Grooves in sanfte, zurückhaltende Klänge. Immer wieder werden der Gitarre ellenlange Soloabfahrten gewährt, die dann gerne auch verplant und völlig frei improvisiert sein dürfen.
Was aber auf dem Papier zunächst seltsam erscheint, zeichnet sich doch durch einen erstaunlich konsistenten Fluss aus. Das liegt zum einen daran, dass die Länge der einzelnen Stücke gekonnt variiert. Auf jede längere Nummer folgt ein knapper Durchschnaufer. Wobei die Zeit zum Durchatmen doch eher überschaubar bleibt. Denn hier geht wahrlich die Post ab. Das bedeutet nicht zwingend, dass die Musik immer auf Anschlag durchpowert, aber in den einzelnen Stücken passiert derart viel, dass sich eine eingehende Analyse unter Kopfhörern durchaus lohnt.
Gleichzeitig wirkt „Earthbound“ wie eine Reise ins Ungewisse. Denn im Grunde lässt sich nie wirklich erahnen, was in der nächsten Sekunde eines Stücks passiert. Mal klingt’s richtig staubig, dann wieder anstrengend und krude, wenn die Gitarre einen Freifahrschein bekommt und komplett zusammenhangslos dudelt. Dazu kommt, dass auch das Schlagzeugspiel immer etwas hektisch wirkt. Das heißt aber beileibe nicht, dass „Earthbound“ keine Konsistenz hätte, es braucht nur seine Zeit um diese zu entdecken. Tatsächlich liegt der Reiz dieses Albums darin, sich eben nicht (zu) bewusst mit der Musik zu beschäftigen. Denn was analytisch betrachtet schnell anstrengt, bekommt unter Kopfhörern und mit geschlossenen Augen echten Roadtrip-Charakter. Wo’s hingeht ist erstmal egal, Hauptsache es geht los und weg vom hier und jetzt.
In „Mirage“ darf es dann auch mal richtig verträumt, beinahe meditativ werden, inklusive sphärischem Rauschen, das beinahe wie das Auf und Ab des Meeres klingt.
Das Schlickmonster „Mudbound“ macht danach seinem Namen alle Ehre, klingt aber trotzdem erstaunlich fragil. Zwar türmen sich die Riffs haushoch auf, dazwischen schleicht sich aber immer wieder eine verspielte Melodik in den Sound ein und sorgt für ein Gefühl von Leichtigkeit, ja, beinahe Verträumtheit.
„Crash“ macht damit aber unweigerlich Schluss. Das ist zäher Sludge. Meterhohe Riffs, alles zermalmender Groove. Es klingt düster, es klingt bedrohlich und wirkt beinahe so, als würde der Hörer zwischen den tonnenschweren Riffs eingequetscht. Der vorher so weite Raum zwischen den Kopfhörern wird unweigerlich schmäler und enger.
Das fiebrige „No Star Left Unturned“ steigert sich immer weiter auf einen nicht wirklich greifbaren Höhepunkt hin. Bass und Gitarre ergehen sich in allerlei Gedudel, das (im positiven Sinn) nervenaufreibend ist. Gleiches gilt für die sphärischen Sounds die bis zum Ende konsequent penetranter werden, bevor auf einmal Stille herrscht.
Ist es vorbei?
Passiert noch was?
Der Hörer bleibt wahrlich in der Luft hängen, weil KANAAN an einem sehr spannenden Punkt den Absprung schaffen.
FAZIT: „Earthbound“ ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ja, die Bodenhaftung ist immer wieder erkennbar, aber KANAAN schwirren auch gerne in ganz anderen Sphären umher. Dabei verliert die Band aber (fast) nie ihr Ziel aus den Augen und von vorne bis hinten durchgehört hat das Album einen tollen Spannungsbogen. Um diesen zu erkennen, sollte der Hörer aber mit offenem Geist an die Musik herangehen. Denn nur mit dem Kopf/Verstand genossen wird „Earthbound“ schnell anstrengend. Lässt man die Musik aber auf sich wirken und betrachtet dieses Album z.B. als Stoner-Psyche-Entdeckungsreise, dann hat „Earthbound“ einiges zu bieten und bereitet vor allem viel Freude.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Prelude
- Return to the Tundrasphere
- Pink Riff
- Bourdon
- Mirage
- Mudbound
- Crash
- No Star Left Unturned
- Bass - Eskild Myrvoll
- Gitarre - Ask Vatn Strøm
- Schlagzeug - Ingvald André Vassbø
- Earthbound (2021) - 11/15 Punkten
-
keine Interviews